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Live-Schalte ins Land des Wirtschaftswunders

Live-Schalte in der OA-Geschäftsstelle / Foto: A. Metz
09.06.2021
Polnischer Premier Morawiecki hält Key Note auf Jahresveranstaltung des Ost-Ausschusses/ Polen fünfwichtigster deutscher Wirtschaftspartner

Berlin, Dortmund und Warschau: Dies waren am 9. Juni die Stationen der virtuellen Jahresveranstaltung des Ost-Ausschusses. Das traditionelle Sommer-Event fand wegen der Corona-Epidemie online statt. Neben dem Ost-Ausschuss-Vorsitzenden Oliver Hermes in Dortmund wurde in Warschau der polnische Premierminister Mateusz Morawiecki live zugeschaltet.

Morawiecki: 6.000 deutsche Unternehmen in Polen

In seiner Keynote hob Ministerpräsident Morawiecki die Bedeutung Deutschlands für die polnische Wirtschaft hervor. „Deutschland ist unbestritten der erste Wirtschaftspartner Polens“, so der Premier. Der Handel mit Deutschland habe sich in den vergangenen 30 Jahren versiebenfacht und mache heute ein Viertel des gesamten polnischen Außenhandels aus. Der polnische Wirtschaftsaufschwung sei von den vielen deutschen Direktinvestitionen mitgetragen worden. Morawiecki verwies auf die 6.000 deutschen Unternehmen, die in Polen aktiv seien, darunter viele Mittelständler. „Diese bilaterale Mittelstandskooperation stimmt uns optimistisch für die Zukunft“, sagte Morawiecki. 

Drei Faktoren seien für deutsche Investoren in Polen von besonderer Bedeutung, nämlich die qualifizierten Arbeitskräfte, der Ausbau der Verkehrs-, IT- und Energieinfrastruktur und die polnischen Investitionsanreize. „Wir sind hier so großzügig, wie es die EU-Regeln erlauben“, sagte Morawiecki. Im Hinblick auf den spürbaren Fachkräftemangel und den Infrastrukturausbau kündigte der Premier weitere Anstrengungen an. So soll die Berufsausbildung für spezielle Sektoren ausgebaut werden, um die Bedürfnisse der Unternehmen zu decken. Zudem setzt Warschau auf Anreize, um polnische Emigranten und Arbeitskräfte aus Belarus und der Ukraine anzulocken. Im Hinblick auf Verkehr und Energie durchlaufe sein Land gerade eine „Infrastrukturrevolution“, vor allem dank der Mittelzuflüsse aus der EU, aber auch aus dem polnischen Haushalt. Der jüngst von ihm verkündete „New Deal“ werde Polen zu einer großen Baustelle machen und die Wirtschaft weiterentwickeln.

Dramatische Transformation des Energiesektors

Morawiecki unterstrich das Bekenntnis Polens zum Green Deal. „Es gibt viele Ziele, die Deutschland und Polen gemeinsam erreichen können, und eines dieser ambitionierten zukünftigen Ziele ist die Energietransformation“, sagte er. Polen wolle sein Energiesystem durch den Einsatz von Erneuerbaren Energien und Wasserstoff dekarbonisieren. Zugleich warb er um Verständnis für die polnische Situation, die durch die große Bedeutung der Kohleindustrie geprägt sei: „Unsere Transformation ist wegen unserer Ausgangslage am schwierigsten“, sagte der Premier. Es sei eine dramatische Transformation, ähnlich wie im Ruhrgebiet: „Aber wir müssen es schneller schaffen“, so Morawiecki. Der Premier plädierte für die Nutzung von Erdgas und Kernkraft für die Stabilisierung des Energiesystems.

Der polnische Regierungschef sprach auch die Differenzen zu Deutschland etwa in der Politik gegenüber Russland und im Hinblick auf Nord Stream 2 an. Hier sei man sich nicht einig und wolle weiter das Gespräch suchen. Vor allem aber warb Morawiecki für die Zusammenarbeit Polens, Deutschlands und der EU in der Industriepolitik: „Wir sollten die Resilienz der EU bei kritischen Branchen stärken“, sagte er. „Wir sollten diese Lektion der Pandemie lernen. Wir brauchen eine weise Strategie, um die Industrie zu revitalisieren.“ Er sei froh, dass Deutschland und Polen bereits gemeinsam an der Industrie 4.0 arbeiteten, sagte er. Er werde sein Bestes geben, die Präsenz deutscher Unternehmen in Polen und umgekehrt zu fördern. „Ziel ist der wachsende Wohlstand und die Freundschaft unserer Völker.“

Hermes: „Polen ist wirtschaftliches Kraftzentrum“

Der Ost-Ausschuss-Vorsitzende Oliver Hermes erinnerte an den bevorstehenden 30. Jahrestags der Unterzeichnung des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrags und lobte seinerseits die rasante Entwicklung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen. „Polen ist auch dank der intensiven Verflechtung der deutschen und polnischen Industrie ein wirtschaftliches Kraftzentrum der EU geworden. Deshalb ist es eine gute Nachricht, dass Polen auch in der kommenden EU-Haushaltsperiode für 2021 bis 2027 und im Rahmen des EU-Programms Next Generation EU weiter stark gefördert wird. Hier warten große neue Chancen, sowohl für Polen als auch für die deutsche Wirtschaft.“

Diese gemeinsame wirtschaftliche Erfolgsgeschichte beider Länder solle, so der Ost-Ausschuss-Vorsitzende, viel stärker wertgeschätzt und wahrgenommen werden. „Mit Polen verbinden uns viele gemeinsame Überzeugungen: eine liberale, marktorientierte Wirtschaftspolitik, das Bekenntnis zu fiskalischer Disziplin und zum Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit der EU.“ Hermes unterstrich das Interesse der deutschen Wirtschaft an einer Zusammenarbeit bei Zukunftsthemen wie dem Green Deal und der Industrie 4.0. Hier könnten Deutschland und Polen gemeinsam eine Führungsrolle in Europa übernehmen. Im Hinblick auf die Energiewende griff Hermes in Dortmund den Verweis des Premiers auf das Ruhrgebiet auf, wo der Strukturwandel weg von Kohle und Stahl immer noch im Gang sei.

Im vergangenen Jahr konnte Polen seine Position als mit Abstand größter Handelspartner Deutschlands unter den 29 Partnerländern des Ost-Ausschusses weiter ausbauen. Unter den deutschen Handelspartnern weltweit überholte Polen im Vorjahr Italien und schob sich auf den fünften Platz vor. Im ersten Quartal 2021 wuchs der deutsche Handel mit Polen nach der Delle in Folge der Corona-Krise um fast zwölf Prozent. Polen lag dabei als drittwichtigster Importpartner Deutschlands vor den USA. „Was Robert Lewandowski für die Bundesliga ist, ist Polen jetzt für die deutsche Wirtschaft: ein Erfolgsgarant und Europameister“, sagte Hermes.

Ost-Ausschuss richtet Arbeit auf Zukunftsthemen aus

Zum Abschluss gab der Ost-Ausschuss-Geschäftsführer Michael Harms einen Überblick über die aktuellen und geplanten Aktivitäten des Ost-Ausschusses. Der Begriff „polnische Wirtschaft“, auf dessen positiven Bedeutungswandel Morawiecki hingewiesen hatte, sei längst vom „polnischen Wirtschaftswunder“ abgelöst worden. „Osteuropa ist ein unterschätzter Handelspartner und ein Powerhouse,“ sagte Harms. Die Region sei nach der Corona-Delle zurück in der Erfolgspur. „Dies ist eine beindruckende Erfolgsgeschichte, die mit marktwirtschaftlichen Reformen begonnen hat“, sagte Harms. „Dazu kommt der Mut der deutschen Industrie in diese Länder zu gehen, die heute keine verlängerten Werkbänke mehr sind.“ 

Der Ost-Ausschuss hat seine Aktivitäten in den vergangenen zwölf Monaten verstärkt auf zentrale Zukunftsthemen nach der Pandemie ausgerichtet, etwa im Rahmen von Initiativen zur Digitalisierung und bei der Umsetzung des Green Deals sowie von Wasserstoffpartnerschaften mit den mittel- und osteuropäischen EU-Mitgliedstaaten und den östlichen Nachbarländern der EU.

Im Anschluss an seine Keynote nahm Premier Morawiecki an einem vom Ost-Ausschuss organisierten exklusiven Wirtschaftsgespräch mit deutschen Investoren teil. Die Jahresveranstaltung des Ost-Ausschusses verfolgten live fast 200 Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Mitgliedsunternehmen. 

Die gestreamten Reden und weitere Hintergrundinformationen können über die Seite www.oa-stream.de abgerufen werden.


Christian Himmighoffen
Leiter Presse und Kommunikation

  • Live-Schaltung Berlin-Dortmund-Warschau / Foto: Krystian Maj/KPRM
  • Premierminister Mateusz Morawiecki im Gespräch mit deutschen Unternehmern/ Foto: Krystian Maj/KPRM
  • Backstage im Ost-Ausschuss / Foto: EMS
Ansprechpartner

Christian Himmighoffen
Leiter Presse und Kommunikation
Tel.: 030 206167-122
C.Himmighoffen@oa-ev.de

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