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Osteuropa im Kommen

Der russische Vize-Agrarminister Levin (3.v.li.) diskutierte über Agrarexporte als Wachstumstreiber. Foto: P. Himsel
17.01.2020
Russland, die Ukraine und Zentralasien bauen ihre Agrarexporte aus/ Drei Veranstaltungen mit Beteiligung des OAOEV zum Auftakt der Grünen Woche

Insbesondere Russland, die Ukraine und Kasachstan positionieren sich auf dem Weltmarkt als wichtige Exporteure von Getreide und anderen Agrargütern, Usbekistan setzt auf steigende Exporte von Baumwolle sowie Obst und Gemüse. Grund genug, für den Ost-Ausschuss – Osteuropaverein (OAOEV) und die AG Agrarwirtschaft/German Agribusiness Alliance (GAA) beim OAOEV die Region Osteuropa und Zentralasien einmal mehr in den Blickpunkt des Global Forum for Food and Agriculture (GFFA) im Rahmen der Grünen Woche 2020 in Berlin zu rücken.

Brücken zwischen Markt und Landwirten

Die Bedeutung von Transparenz und allgemein anerkannten Standards im internationalen Agrarhandel mit Osteuropa und Asien stand im Mittelpunkt des gut besuchten GFFA-Fachpodiums „Handel treiben, Vertrauen liefern“. Die Diskussionsrunde, an der unter anderem der Agrarminister Usbekistans Jamshid Khodjaev und der Vize-Agrarminister der Ukraine Taras Kachka teilnahmen, wurde vom Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien (IAMO) gemeinsam mit der GAA und dem Deutsch-Chinesischen Agrarzentrum organisiert.

Ein Viertel des weltweiten Agrarhandels entfalle auf die Regionen Osteuropa, Zentralasien und Asien, sagte IAMO-Direktor Thomas Glauben zur Eröffnung. Durch mangelhaften Zugang zu geeigneten Produktionsmitteln, Know-how und nicht voll entwickelte Wertschöpfungsketten könnten viele Produzenten in der Region die geforderten Qualitätsstandards jedoch noch nicht erfüllen. Die Einhaltung von Standards sowie Zertifizierungen sicherten aber nicht nur den Zugang zum internationalen Agrarmarkt, sondern unterstützten auch verbesserte Produktionsbedingungen im Herkunftsland.

Für die Bundesregierung bekräftige Staatssekretär Uwe Feiler vom Bundeslandwirtschaftsministerium das Bekenntnis zu freiem Handel: „Wir wollen dazu beitragen, weltweit Qualitätsstandards durchzusetzen und Handelshemmnisse abzubauen.“ Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft diskutieren im Rahmen des Fachpanels Perspektiven für eine weitere Entwicklung des Handels als elementarem Bestandteil internationaler landwirtschaftlicher Wertschöpfung. Vize-Agrarminister Kachka unterstrich das Bemühen der ukrainischen Regierung um Transparenz und Vertrauen auf dem Agrarmarkt. Dazu gehöre auch die geplante Landreform: „Wir wollen wissen, wo unser Getreide herkommt“, sagte Kachka. Auf das Problem fehlenden Know-hows der Landwirte wies Agrarminister Khodjaev hin: „Wir wollen das unsere Landwirte unabhängiger werden. Dazu müssen wir eine Brücke zwischen Handel und Landwirten schlagen.“

Kooperation mit Russland

Im Rahmen der Internationalen Grüne Woche fand am 17. Januar 2020 die Russland-Fachveranstaltung „Agrarexporte als Wachstumstreiber der Wirtschaft - Perspektiven und Herausforderungen für Deutschland und Russland“, organisiert vom Ost-Ausschuss – Osteuropaverein der Deutschen Wirtschaft, statt. Experten aus Politik und Wirtschaft diskutieren Perspektiven und Herausforderungen beim Ausbau von Agrarexport und tauschen sich über die Erfahrungen zwischen Deutschland und Russland tiefer aus. Beide Länder stehen vor der Aufgabe, die eigenen Stärken im Agrarbereich herauszustellen und auszubauen: Welches Land bietet welche Potenziale? Welche Rahmenbedingungen sind notwendig, um Agrarexport als Wachstumstreiber in der Landwirtschaft zu verankern?

Torsten Spill, der Vorsitzende der AG Agrarwirtschaft beim OAOEV, betonte gleich zu Beginn die Wichtigkeit Russlands als Handelspartner: „Russland ist Weltmarktführer bei Agrarexporten“. Das Potential der russischen Landwirtschaft motiviere uns alle, so Spill, und deswegen sollten beide Länder gemeinsame Wege für Innovationen suchen. Der russische Vizeagrarminister Sergej Levin bestätigte diese Aussage. Die Agrarexporte seien 2018 um 20 Prozent gewachsen, verkündete er und lud die deutsche Wirtschaft zur Partnerschaft ein: „Die Zusammenarbeit zwischen Russland und Deutschland steckt voller Potenzial“.

Peter Hofmann, Vorstand von KWS SAAT, sagte: „Wir sind gerne nach Russland gekommen und bleiben gerne – wenn die Rahmenbedingungen stimmen.“ Oft sei es aber so, dass Produkte keine Zulassung bekämen, kritisierte Hofmann. Es würden unterschiedliche Bedingungen für inländische und ausländische Unternehmen geschaffen. Eduard Zernin, der stellvertretende Generaldirektor des Vereinigten Getreideunternehmens (OZK), versicherte, ein transparentes Handelsverfahren zu ermöglichen: „Das ist ein Verfahren, das jeder versteht, so dass es keine Gefahr für einen der Partner gibt.“ Er sprach die logistischen Probleme an, die Russlands große Fläche mit sich bringe, und hofft hier auf Hilfe durch deutsche Technologien.

„Kommunikation und Austausch sind Aspekte, die uns weiterbringen werden“, fasste Spill die Diskussion zusammen Eine Abschaffung der Märkte oder eine Isolierung werde nicht funktionieren: „Offenheit und Klarheit in der Kommunikation sind wichtig, um sich gegenseitig helfen zu können.“

Start mit Arbeitsfrühstück Russland

Begonnen hatte der OAOEV-Tag auf der Grünen Woche mit einem „Arbeitsfrühstück“ Russland, das der OAOEV in Kooperation mit EY durchführte. Zwar bleibt das Wirtschaftswachstum in Russland auch im laufenden Jahr mit knapp zwei Prozent für ein Schwellenland zu niedrig. Das Land ist dank einer konservativen Finanzpolitik, hohen Devisenreserven und einem weiterhin hohen Leistungsbilanzüberschuss aber finanziell so solide aufgestellt, dass die langfristigen Aussichten eigentlich sehr positiv sind. So oder so ähnlich lassen sich die grundlegenden Erkenntnisse des „Arbeitsfrühstücks“ zusammenfassen. 

Experten von Commerzbank, EY und OAOEV stellten den rund 60 Teilnehmern aktuelle Analysen zur finanziellen, steuerlichen und rechtlichen Entwicklung in Russland vor. Alexander Kirchner, Sales Manager der Grimme Landmaschinenfabrik, ergänzte dies mit einem Blick in die Praxis eines in Russland investierten Unternehmens. Der Tenor: Die russische Regierung muss und kann dank einer soliden finanziellen Basis mehr tun, um das Wachstum der Wirtschaft anzukurbeln und Unternehmen zu entlasten. Die kürzlich erfolgte Regierungsumbildung und die Ernennung des bisherigen Leiters der Steuerbehörde Michail Mischustin zum Premier, wurde demzufolge tendenziell positiv gewertet. Dies könne darauf hindeuten, dass bei der Umsetzung der 2018 beschlossenen 13 nationalen Projekte nun Tempo aufgenommen werde.

Christian Himmighoffen, Alexandra Majorow, Andreas Metz
Abteilung Presse und Kommunikation im OAOEV

 

  • Der GAA-Vorsitzende Torsten Spill moderierte die Russland-Diskussion. Foto: P. Himsel
  • Der usbekische Agrarminister Khodjaev (li.) und sein Kollege Kachka aus der Ukraine. Foto: P. Himsel
Ansprechpartner

Dr. Per Brodersen
Geschäftsführung AG Agrarwirtschaft
Tel.: 030 206167-124
p.brodersen@bdi.eu
 

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