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Wirtschaftliche Stabilität als Anker

Die NBU will die Griwna stabil halten. Foto: Eugene Kozlovsky/Pixabay
29.04.2020
Online-Diskussion mit dem Vize-Gouverneur der Nationalbank der Ukraine/ Hoffnung auf den IWF

Am 29. April diskutierten Vertreter von rund 30 deutschen Unternehmen mit dem Vize-Gouverneur der Nationalbank der Ukraine Dmytro Sologub über die aktuelle finanzielle und makroökonomische Lage der Ukraine. Die Corona-Krise und der landesweite Lockdown haben die positive wirtschaftliche Entwicklung des Jahres 2019 zum Stillstand gebracht. Statt eines prognostizierten Wachstums von knapp vier Prozent rechnen Beobachter nun mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um mindestens fünf Prozent.

Um die wirtschaftlichen Folgen der Krise abzufedern, hat die ukrainische Regierung einen Nachtragshaushalt verabschiedet und sich auf den Internationalen Währungsfonds (IWF) zubewegt. Auch die Nationalbank hat verschiedene Maßnahmen zur Liquiditätssicherung eingeführt, schließt aber aus, die wirtschaftlichen Folgen über die Abwertung der Landeswährung zu abzufangen.

Besser aufgestellt als 2008

Im Vergleich zu den Krisenjahren 2008 und 2009 sei die Ukraine besser aufgestellt, um den ökonomischen Folgen zu begegnen, berichtete Dmytro Sologub. So seien die Inflationsentwicklung und das Budgetdefizit unter Kontrolle und beherrschbar. Gleichzeitig sei das wirtschaftliche Umfeld von vielen Unsicherheiten und Variablen geprägt, die Voraussagen zum jetzigen Zeitpunkt erschweren. Als zentralen Baustein für die finanzielle Handlungsfähigkeit der Ukraine in diesem Jahr identifizierte der Vize-Gouverneur die Kooperation mit dem IWF.

Anderen Risiken könne mit wirtschaftspolitischen Instrumenten begegnet werden. Jetzt zeige sich, dass die vor fünf Jahren angestoßene Bankenreform Früchte trage und für ein stabiles Bankensystem sorge. Die Reaktion der ukrainischen Nationalbank auf die Folgen des Corona-Lockdowns unterscheide sich nicht wesentlich von den Maßnahmen anderer Länder und Zentralbanken.

Sorgen der Unternehmen

In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass die relative makroökonomische Stabilität der Ukraine aktuell ein Anker ist. Allerdings berichteten viele Unternehmen, das Steuererhöhungen für größere Unternehmen diskutiert würden und das Arbeitsrecht sich, trotz vorgenommener Flexibilisierungen als ungeeignet für die aktuellen Herausforderungen erweise. Auf Kritik stieß auch die Diskrepanz zwischen einem sinkendem Refinanzierungssatz der Nationalbank bei gleichbleibend hohen Zinssätzen vieler Geschäftsbanken.

Die Nationalbank selbst ist bestrebt, den Wechselkurs der Landeswährung Griwna zum Euro stabil zu halten und diesen aktiv zu managen. Eine Situation, in der Verkehrskapitalkontrollen und andere restriktive Instrumente eingesetzt werden müssen, will die NBU vermeiden. Robert Kirchner, Chef des German Economic Teams Ukraine, mahnte in der Diskussion Realismus und Vertrauen in den IWF an. Dessen Engagement sei als Signal auch an andere internationale Finanzinstitutionen zu verstehen, weiter mit der Ukraine zusammenzuarbeiten.

Zwei Bedingungen erfüllt

Der IWF hat als Bedingungen für die weitere Kooperation die Verabschiedung eines Nachtragshaushalts, des Gesetzes zur Landmarktreform sowie zur Bankenreform genannt. Als letzte Bedingung fehlt noch die Verabschiedung der Bankenreform, die sich zurzeit noch im parlamentarischen Prozess befindet. Realistische Alternativen zu diesem Szenario sah keiner der Teilnehmer.

Der OAOEV hat kürzlich sein Ukraine Update veröffentlicht, dass Sie hier finden.

Ansprechpartner

Stefan Kägebein
Regionaldirektor Osteuropa
Tel.: 030 206167-113
S.Kaegebein@bdi.eu

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