Direkt zum Inhalt

Mit Deutschland als Partner viel erreichen

25.01.2018
Auf der Grünen Woche blickt Russlands Vize-Landwirtschaftsminister optimistisch auf die gemeinsame Zukunft mit dem deutschen Agribusiness

Die Rückkehr Russlands auf die Grüne Woche in Berlin nach zweijähriger sanktionsbedingter Abstinenz stieß auf großes Interesse: Über 140 Teilnehmer lockte die Podiumsdiskussion „Perspektiven für Wachstum – Deutschland und Russland in der globalen Ernährungssicherung“ an, die die AG Agrarwirtschaft beim Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft am 19. Januar gemeinsam mit dem russischen Landwirtschaftsministerium und dem Deutsch-Russischen Agrarpolitischen Dialog organisierte. Trotz bestehender Sanktionen äußerte sich der stellvertretende russische Landwirtschaftsminister Jewgenij Gromyko ausgesprochen optimistisch zu möglichen Kooperationen.

Im Namen des Bundeslandwirtschaftsministeriums eröffnete German Jeub, Leiter der Abteilung für Europäische Zusammenarbeit, Internationales und Fischerei, die Veranstaltung. Jeub hob dabei die wichtige Rolle Russlands zur Ernährung der Weltbevölkerung hervor: „Wir alle brauchen Russland, denn im Jahr 2050 werden auf der Welt voraussichtlich bis zu zehn Milliarden Menschen zu ernähren sein. Es liegt von daher in unserem Interesse, dass Russland mit seinen großen landwirtschaftlichen Reserven seine Potenziale im Agrarbereich nutzt.“ Trotz der schwierigen politischen Großwetterlage sei zu hoffen, dass die gegenseitigen Sanktionen bald überwunden werden und man auf eine lange Zusammenarbeit aufbauen könne, die von Vertrauen und freundschaftlichen Beziehungen geprägt sei. „Russland, Deutschland und die Europäische Union verbindet mehr, als uns trennt“, so Jeub.

„Autarkie und Exportstärke“

Torsten Spill, Geschäftsführer der Solana GmbH und Vorsitzender der AG Agrarwirtschaft beim Ost-Ausschuss, beschrieb die gegenwärtige russische Agrarpolitik mit den Schlagworten „Autarkie und Exportstärke“. Um diese Ziele zu erreichen, würden derzeit große Summen aus dem Staatshaushalt für eine bessere Verkehrs-und Transportinfrastruktur bereitgestellt und neue Handelspartner für Agrarerzeugnisse gesucht. Großen Nachholbedarf gebe es in Russland insbesondere bei der Produktion von Milch, Käse und Rindfleisch. „Gerade hier soll durch die Lokalisierung der Produktion und die Schaffung von Netzwerken eine Antwort gefunden werden“, so Spill.

Der russische Vize-Landwirtschaftsminister Gromyko warb in seinem Statement um deutsche Investitionen in die russische Landwirtschaft und eine stärkere Öffnung des EU-Marktes für russische Produkte: „Wir sind der Überzeugung, dass wir mit Deutschland als Partner viel erreichen können“. Russland habe sich in den vergangenen Jahren von einem Importland für landwirtschaftliche Produkte zu einem Exportland entwickelt. Gromyko wünschte sich eine stärkere Öffnung des EU-Marktes. Deutsche Technologie werde insbesondere benötigt, um Produktion und Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte in Russland voranzubringen und internationale Standards zu erreichen. Russische Vorschriften zur stärkeren Lokalisierung von Wertschöpfungsketten und dem Aufbau eigener Anlagen zur Lebensmittelverarbeitung sorgten für zusätzliche Impulse, betonte Gromyko.

In der anschließenden Gesprächsrunde, an der unter der Moderation von Torsten Spill neben dem Vize-Minister auch Vertreter von Claas, Ekosem-Agrar und der German Seed Alliance teilnahmen, wurden die Rahmenbedingungen für Investitionen in Russlands Agrarwirtschaft beleuchtet. Ferdinand Schmitz, Geschäftsführer der German Seed Alliance, betonte, dass die Voraussetzungen für Pflanzenzüchtung in Russland sehr gut seien. „Eine nachhaltige Freundschaft und ein gutes und gesichertes Umfeld für die Produkte ist viel wichtiger als zehn oder zwanzig Prozent Zuschuss von Seiten der Regierung.“ Auch Stefan Dürr, Gründer und Geschäftsführer von Ekosem-Agrar, ist der Meinung, dass die „Rahmenbedingungen in Russland, besonders in der Agrarwirtschaft, nicht schlechter sind als sonst wo“. Dies läge daran, dass in der russischen Landwirtschaft ein enormer Umbruch stattgefunden und diese sich mittlerweile stark modernisiert habe. „Manche gehen dabei verloren, manche gewinnen dadurch enorm.“ Jetzt sei der richtige Zeitpunkt in der Landwirtschaft in Russland Gewinne zu erzielen.

Kritischer äußerte sich Ralf Bendisch, Generaldirektor des Landmaschinenproduzenten Claas in Russland. Der russische Markt sei für Investitionen in die Landwirtschaft zwar insgesamt aufgeschlossen, im Bereich des Landmaschinenbaus aber eher protektionistisch veranlagt, da hier Regeln bestünden, die einen bestimmten Anteil in Russland gefertigter Komponenten vorschrieben. „Das Eintrittsticket auf den russischen Markt waren früher Investitionen, heute ist die Situation aber nicht gerade investitionsfreundlich“, kommentierte Bendisch.

Zum Abschluss der Gesprächsrunde fragte Spill nach den drei wichtigsten Wünschen der Gesprächsteilnehmer. Schmitz wünschte sich vom Vizeminister die Weiterführung der vernünftigen Rahmenbedingungen in Russland zur Entwicklung neuer Sorten und forderte, dass der „Geist der Partnerschaft“ zwischen Deutschland und Russland weiterleben sollte. Wenn dies gelingen könne, brauche er keinen dritten Wunsch. Bendisch wünschte sich von der russischen Politik die Unterstützung der Interessen der Bauern und nicht der Monopolisten, von der EU und Deutschland mehr Initiativen in Richtung Russland und allgemein international konkurrenzfähige Produkte von Bauern. Dürr wünschte dem Vizeminister weiterhin Kraft, sich für die Landwirtschaft einzusetzen und die Verbesserung der Beziehung und Zusammenarbeit mit Deutschland gegenüber anderen Ministerien durchzusetzen. Auf die Frage, ob diese Wünsche erfüllbar seien, antwortete Gromyko auf Deutsch mit: „Natürlich!“, was im Saal für Beifall sorgte. Abschließend zeigte er sich bezüglich zukünftiger deutsch-russischer Kooperationen ausgesprochen optimistisch: „Ich wünsche uns Gesundheit und Erfolg, den Rest kriegen wir hin“.

Lisa-Marie Frühauf
Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft

  • Torsten Spill, Geschäftsführer Solana GmbH & Co. KG
  • Zahlreiche Teilnehmer verfolgen die Podiumsdiskussion
  • Podiumsdiskussion „Perspektiven für Wachstum – Deutschland und Russland in der globalen Ernährungssicherung“; Fotos: Christian Himmighoffen
Ansprechpartner

Kontakt

Dr. Per Brodersen
Geschäftsführung AG Agrarwirtschaft
Tel.: 030 206167-124
p.brodersen@bdi.eu

Video

Russland präsentiert sich auf der Grünen Woche (mdr aktuell, 19.1.2018)

 

 

Diese Seite teilen: